Stille
Gemalt von Susanne Wind

„La tierra vive ahora tranquilizando su interrogatorio extendida la piel de su silencio“
„Die Erde lebt leiser nun gelinder ist ihr Verhör ausgebreitet das Fell ihres Schweigens“
– Pablo Neruda-

“Die Erde lebt leiser nun- gelinder ist ihr Verhör- ausgebreitet das Fell ihres Schweigens”
Pablo Neruda

Im März 2020 wurde dem Weltenrad ein Stock in die Speichen gesteckt und es kam krachend und rumpelnd zum Stehen.
Eine renommierte Autorin, Carolin Emcke, setzte sich hin und führte Tagebuch über die Zeit. Sie gab damit ein Format vor, eine Inspiration in die Hand, diese historisch außergewöhnliche Zeit unbedingt mit den Mitteln der eigenen Kunst zu nutzen.
Susanne Wind nahm den Impuls auf und verwandelte ihn mit eigenen Mitteln zu einem Werk, das wir hier vor uns sehen.
Sie nahm die Stille dieser Zeit als Thema auf, denn sie wurde wieder hörbar durch die fehlende Betriebsamkeit in der Welt, die oft auch nur Beschäftigung und Betäubung ist.
Die Essenz von Stillstand ist Stille. Natürlich steckt auch Angst darin. Angst vor Krankheit, Angst um die eigene wirtschaftliche Existenz, Angst vor den Auswüchsen von Politik oder auch Angst vor allem zusammen. Aber jenseits dieser Angst wächst etwas, dem man nachgehen kann und Susanne Wind ist diesen Weg gegangen.
Stille ist der Gegenpol zur Angst mit ihren Reflexen und Hilflosigkeit.
Stille ist Kraft. Sie ist Augenblick, ist Konzentration und Fokus auf einen energetischen Platz in Raum und Zeit.
Für Hörende ist Stille Achtsamkeit durch die Ohren. Eines der 5 Körpersinne.
Stille ist ein wertvolles Gut in einer Zeit, in der alles und jeder uns anschreit.
Eine Stille im Außen macht die Stille im Inneren möglich. Stille ist dabei nicht nur die Abwesenheit von Geräusch, es ist auch das zur Ruhe gekommene Seelenmeer in einem selbst. Zu den eindrucksvollsten Bildern von Stille in dieser Zeit gehören ganz sicher die Delfine, die wieder durch Venedig schwammen.

Susanne Wind erinnerte sich in diesem kreativen Prozess an Aussagen anderer zum Thema Stille, speziell an das einleitende Zitat von Pablo Neruda .
Für sie flossen im weiteren Verlauf Bilder und Gedichte, Liedtexte und Erinnerungen zusammen.
Ein Gedicht ist ähnlich wie die Stille eine Ver-Dichtung von Idee und Sinn auf ein paar Zeilen.
Auch ein Bild ist eine Verdichtung von Licht und Ausschnitt auf und von einem begrenzten Raum.
Beides sind in ihrer Technik unterschiedliche Wahrnehmungen und Blicke auf einen Ausschnitt von Welt. Ein Blick auf etwas kann ein Gedicht hervorbringen oder ein Bild. Es ist das Vokabular künstlerischen Ausdrucks einer gemeinsamen Sprache, die in der Stille miteinander in den Dialog treten kann.

Zu vielen der Bilder hier wird durch die Quellenangabe daneben der Bezug auch direkt hergestellt. Es liegen die Bücher und Textausschnitte in unmittelbarer Nähe und forden Sie alle auf, diesem Dialog durch das Nachlesen zu lauschen, ihm selber nachzufühlen und sich so an dem Gespräch zwischen Buch und Bild zu beteiligen.
Eines dieser Bilder greife ich heraus, und zwar das Bild “Into the open”.
Es ist ein Bild, das dieses Jahr entstanden ist.
Allein der Titel soll Programm sein für die Zeit, die vor uns liegt. Ein Imperativ, der uns aus inneren und äußeren Beschränkungen wieder in die Weite bringen kann, jede und jeder wie er oder sie es vermag.
Das Bild zeigt den Übergang von Land zu Wasser zu Himmel, den Dreiklang der Elemente, deren Nahtstellen zueinander gleichzeitig die große Weite bilden, indem es unseren Blick in das Innerste zieht.
Der feste Grund ist aus Sand geformt und wir haben dazu Sprichwörter wie zum Beispiel “auf Sand gebaut”. Jedes Ding hat aber seine zwei Seiten, denn Sand ist auch veränderlich in seiner Masse, lässt sich vom Wind neu fügen, bietet dem Dünengras Halt und baut dem Wasser das Bett.
Das Meer ist am Horizont sichtbar und ganz bestimmt ist der Strich dort hinten schon ein Mensch, der sich in die Weite begeben hat. Von unseren Standpunkt aus liegt der Weg noch vor uns.
Über allem thront der Himmel in seiner eigenen Wildheit, Wolken ziehen Gedanken gleich umher, lassen das Blau einer noch größeren Weite dahinter durchscheinen.
Jedes dieser Elemente hat seine eigene Stärke und Besonderheit und wir können alles davon erspüren, es in uns aufnehmen und ein Teil davon werden. Wir müssen es nur tun, indem wir einmal den Stillstand vor der Leinwand einnehmen und uns dann dafür entscheiden, unsere eigene Begrenztheit aufzugeben, in das Bild zu fallen, die Stille darin wahrzunehmen und dem Menschen darin zu folgen.

Die lyrische Korrespondenz zu “Into the open” ist Pablo Nerudas “Still sein”.
Es ist zu schön ist, um es jetzt nicht vorzulesen.

Diese Worte mögen Ihre Füße sein, wenn Sie durch diese Ausstellung gehen:

Still sein

Jetzt zählen wir bis zwölf
und wir sind alle still.
Ein einziges Mal auf der Erde
sprechen wir in keiner Sprache,
für eine Sekunde mögen wir inne halten,
nicht so die Arme bewegen.

Es wäre eine Minute voller Duft,
ohne Eile, ohne Lokomotiven,
wir wären alle beieinander
in plötzlicher Unruhe.

Die Fischer des kalten Meers
täten den Walen nichts an
und der Arbeiter im Salz
blickte auf seine kaputten Hände.

Die grüne Kriege vorbereiten,
Kriege von Gas, Kriege von Feuer
Siege ohne Überlebende
zögen sich einen reinen Anzug an
und liefen mit ihren Brüdern
im Schatten, ohne etwas zu tun.

Möge man das was ich will nicht verwechseln
mit endgültigem Nichtstun:
das Leben ist nur was man macht,
ich will nichts mit dem Tod.

Wenn wir nicht einig sein konnten
während wir unsere Leben so bewegten,
vielleicht einmal nichts tun
vielleicht eine große Stille könnte
diese Traurigkeit durchbrechen
dieses uns nie verstehen
und uns mit dem Tod bedrohen,
vielleicht lehrte uns die Erde
wenn alles tot scheint
und dann doch alles lebendig war.

Jetzt zähle ich bis zwölf
und du bist still und ich gehe.

(Maike Brzakala, Rede zur Ausstellungseröffnung am 2.10.2021)

Hier die Liste der Inspirationen. Aus urheberrechtlichen Gründen können wir hier nur die Spur legen, nicht aber das Werk aufzeigen:

Pablo Neruda Still sein

Antoine de Saint-Exupéry „Ich habe die Wüste immer geliebt. Man setzt sich auf eine Sanddüne. Man sieht nichts. Und währenddessen strahlt etwas in der Stille.“

Hilde Domin Zwischen immer und immer

Friedrich Nietzsche Nach neuen Meeren

Bertolt Brecht Liebeslied

Bertold Brecht Vom Schwimmen in Flüssen und Seen

Rolf Jacobsen Die Stille, die im Gras wohnt An der Unterseite jedes Halms Und in dem blauen Zwischenraum zwischen den Steinen.

Erling Kagge In einigen Religionen zeigen die Götter sich als Gewitter oder Sturm. In der Bibel ist Gott häufig die Stille. Das erste Buch der Könige erzählt die Geschichte, wie Gott sich Elia zeigt. Erst kommt ein Orkan, dann ein Erdbeben und schließlich ein Feuer. Gott ist nichts davon. Gott kommt danach, als ein „stilles, sanftes Sausen“ wie es im Alten Testament heißt. Mir gefällt das. Gott ist die Stille.

Amanda Gorman When day comes

Leonard Cohen  ANTHEM- The birds they sang at the break of day

Kate Wolf– Unfinished life

Juan Manuel Serrat: Me´n vaig a peu,

Miquel Costa i Llobera Auszug: Cala Gentil

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